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Prozess gegen Satiriker El Hotzo nach Trump-Attentat

  • Autorenbild: Dogukan Isik
    Dogukan Isik
  • 24. Aug.
  • 4 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 24. Aug.

In einem Strafverfahren vor dem Amtsgericht Berlin-Tiergarten wurde der Satiriker Sebastian Hotz (Künstlername „El Hotzo“) wegen Tweets nach einem Attentat auf Donald Trump angeklagt. Diesen Prozess gegen El Hotzo habe ich als Strafverteidiger in Hannover mit Spannung verfolgt. Auch ich vertrete meine Mandanten regelmäßig bei ähnlichen Vorwürfen oder in sog. Hate-Speech Fällen.


Die Äußerungen des Satiriker El Hotzo erregten erheblichen öffentlichen Widerstand: Es gab einen „Shitstorm“ in den sozialen Medien und zahlreiche Strafanzeigen gegen Hotzo. Am 23. Juli 2025 wurde Hotzo nach kurzer Verhandlung freigesprochen. Der Fall ist jedoch nicht abschließend entschieden. Die Staatsanwaltschaft hat gegen das Urteil Rechtsmittel eingelegt.


I. Was ist passiert? Zusammenfassung vom Strafverteidiger Hannover


Im Juli 2024 verletzte ein Attentäter Donald Trump bei einem Wahlkampfauftritt. Hotzo veröffentlichte daraufhin auf seinem X-Account (rund 740.000 Follower) zwei satirische Beiträge zum Angriff, die er kurz darauf wieder löschte. Im ersten Post lautete die scherzhafte Antwort auf die Frage nach der Gemeinsamkeit von Trump und „dem letzten Bus“: „leider knapp verpasst“. Im zweiten Tweet hieß es ergänzend: „Ich finde es absolut fantastisch, wenn Faschisten sterben“. Die Beiträge wurden in der Öffentlichkeit kontrovers diskutiert. Medien und Politik kritisierten Hotzos Formulierungen heftig, es gab zahlreiche Strafanzeigen wegen angeblicher Gewaltverherrlichung, und der Jugendradiosender des RBB trennte sich von Hotzo. Dies führte dazu, dass die Berliner Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren einleitete. 


Die Staatsanwaltschaft klagte Hotzo schließlich wegen öffentlicher Billigung schwerer Straftaten nach § 140 StGB an. Nach Auffassung der Anklage habe Hotzo mit seinen Posts die Ermordung des amerikanischen Präsidentschaftskandidaten unterstützt. Versuchte Tötungsdelikte wie das Attentat auf Trump gelten als schwere Straftaten im Sinne des § 140 StGB. Die Ermittler gingen davon aus, dass durch Hotzos große Reichweite das öffentliche Klima gefährdet wurde, in dem Angriffe auf Amtsträger begünstigt werden könnten. 


Der Prozess gegen Hotzo fand im Juli 2025 vor der 235. Strafkammer am Amtsgericht Tiergarten statt. Am 23. Juli 2025 wurde Hotzo nach kurzer Verhandlung freigesprochen. Die Strafrichterin Andrea Wilms befand, der Tweet sei offensichtliche, straflose Satire gewesen und habe nicht ernsthaft den öffentlichen Frieden zu stören versucht. Hotzo selbst hatte betont, als Satiriker spreche er „als Witz“ und sei dafür bekannt, überspitzt und provokant zu sein. 


II. Die rechtliche Würdigung des Prozesses gegen "El Hotzo"


Nach § 140 Nr. 2 StGB macht sich strafbar, wer öffentlich schwere Gewalttaten billigt, sofern dies geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören. Als schwere Straftat galt hier der versuchte Mord an Trump (eine taugliche Anlasstat gemäß §§ 126, 138 StGB). Der Anklage zufolge hatte Hotzo mit seinen Tweets den (fiktiven) Erfolg des Attentäters gefeiert. Damit wäre der objektive Tatbestand der „Billigung“ erfüllt, wenn sein Post tatsächlich als ernst gemeinte Befürwortung zu verstehen wäre. Zudem müsste die Äußerung geeignet gewesen sein, eine Atmosphäre zu schaffen, in der Gewalt als Mittel propagiert wird (Störungsabsicht).


Im Prozess stellte sich jedoch heraus, dass Hotzo die Posts als satirische Überzeichnung gemeint hatte. Seine Verteidigerin betonte, die Tweets seien „ganz offensichtlich Satire, keine Aufforderung zu Gewalt“. Das Gericht folgte dieser Darstellung: Richterin Wilms führte aus, dass die drastischen Formulierungen in satirischer Absicht gefallen seien. Auch wenn die Äußerungen „geschmacklos“ gewesen seien, fehlte jede ernsthafte Aufforderung zur Straftat. Damit lagen auch die subjektiven Voraussetzungen einer Billigung nicht vor – Hotzo habe nicht vorsätzlich den Erfolg der Tat unterstützen wollen.


Entscheidend war die Abwägung zwischen Meinungsfreiheit und Strafrecht. Satire gilt als besonders geschützte Form der Meinungs- und Kunstfreiheit (Art. 5 GG) und erlaubt überzogene, überspitzte Darstellungen. Richterin Wilms stellte klar, dass ein Witz nicht bestraft werden dürfe und man „über gute und schlechte Meinungen streiten“ müsse. Das Amtsgericht wertete den Vergleich Trumps mit einem „öffentlichen Verkehrsmittel“ und die zynische Aussage als kennzeichnende Stilmittel, die für jeden verständigen Dritten satirisch erkennbar seien. In der Urteilsbegründung hieß es, die Tweets seien „offensichtlich straflose Satire“. Die Kammer folgte dabei einer Linie, wonach allein die Tatsache, dass der Täter im Ausland gehandelt hat, für sich genommen kein Strafbarkeitsmoment im Inland schafft.


III. Fazit


Das Berliner Amtsgericht legte in seinem Urteil die Grenze zwischen schlichter Provokation und strafbarer Befürwortung klar: Hotzos X-Post wurde als Satire verstanden und damit als von der Meinungsfreiheit gedeckt angesehen. Sebastian Hotz wurde freigesprochen, weil seine Äußerungen keinen ernsthaften Gewaltaufruf enthielten. Das Urteil verdeutlicht, dass selbst radikale und geschmacklose Meinungsäußerungen zulässig bleiben können, sofern ihr satirischer Gehalt offensichtlich ist. Satire genießt in Deutschland grundgesetzlich geschützte Freiräume; nur wenn eine Kritik in einen realen Gewaltaufruf umschlägt, ist sie strafrechtlich relevant.


Dennoch ist der Fall nicht abschließend entschieden. Die Staatsanwaltschaft hat gegen das Urteil Rechtsmittel eingelegt, so dass höhere Instanzen die genaue Abgrenzung von Satire und (illegitimer) Meinungsäußerung weiter prüfen werden. Der Prozess hat jedenfalls gezeigt, dass Gerichte sensibel differenzieren: satirische Überzeichnung wird als integraler Bestandteil der Meinungsfreiheit gewertet, während die Billigung einer Tat nur dann strafbar wäre, wenn eindeutig ein ernstgemeinter Gewaltaufruf vorläge. Insgesamt bestätigt das Verfahren das Prinzip, dass „ein Witz ein Witz bleibt“ und keine bestrafte Forderung darstellt, wenn er klar satirisch gemeint ist. 



Kommentar des Strafverteidigers aus Hannover


Als Strafverteidiger in Hannover sehe ich in diesem Fall eine bedeutende Bestätigung dafür, dass provokante Satire, solange sie als solche erkennbar ist, von § 140 StGB nicht erfasst wird. Dennoch ist Achtung geboten: Wenn Satire nicht mehr eindeutig erkennbar ist – wenn etwa eine eindeutige Billigung von Gewalt erfolgt – könnte § 140 StGB sehr wohl greifen. Dieser Fall zeigt: Kontext, Erkennbarkeit und Ausdrucksweise sind entscheidend.


Als Strafverteidiger in Hannover vertrete ich regelmäßig Mandanten in vergleichbaren Konstellationen – sei es bei Vorwürfen im Zusammenhang mit Hate Speech, strafbaren Meinungsäußerungen oder bei Prozessen rund um die Billigung von Straftaten (§ 140 StGB). Gerade im Bereich der Social-Media-Posts, Tweets oder öffentlichen Kommentare verschwimmt häufig die Grenze zwischen zulässiger Satire, zugespitzter Meinungsäußerung und strafrechtlicher Relevanz. Hier ist eine fundierte Verteidigungsstrategie entscheidend. Als Rechtsanwalt für Strafrecht in Hannover prüfe ich für meine Mandanten, wie die Meinungsfreiheit nach Art. 5 GG bestmöglich zu verteidigen ist und welche juristischen Möglichkeiten bestehen. Gerne können Sie mich für einen Erstkontakt jederzeit ansprechen, wenn Sie selbst mit einem solchen Vorwurf konfrontiert sind.

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