top of page
Kloepperfotodesign-4_edited.jpg

Kindesentziehung

Als Strafverteidiger in Hannover habe ich in meiner beruflichen Laufbahn bereits mehrere Mandate im Bereich der Kindesentziehung betreut. Dieses komplexe Thema wirft zahlreiche Fragen auf und erfordert eine genaue Prüfung der rechtlichen Aspekte.

Kindesentziehung

Was ist Kindesentziehung i.S.d. § 235 StGB Herr Rechtsanwalt für Strafrecht?
Die rechtliche Bewertung von Kindesentziehung nach § 235 StGB erfordert ein tiefgehendes Verständnis der verschiedenen Tatbestandsmerkmale und ihrer Auslegung. Der Gesetzestext besagt, dass sich der Täter strafbar macht, wenn er einen Minderjährigen durch Gewalt, Drohung oder List dem Berechtigten entzieht oder vorenthält.

Begriffsabgrenzung nach § 235 Abs. 1 Nr. 1 StGB
Gemäß § 235 Abs. 1 Nr. 1 StGB bezieht sich die Tatbestandsvariante auf die Entziehung oder Vorenthaltung eines Minderjährigen durch Gewalt, Drohung oder List. Hierbei ist der Täter in seiner Identität breit gefasst – es kann sich um jeden handeln. Interessant ist, dass auch die Entziehung durch einen Elternteil gegenüber einem anderen Elternteil strafbar sein kann. Die Berechtigung, einen Minderjährigen zu entziehen oder vorzuenthalten, liegt bei den Sorgeberechtigten, zu denen die Eltern, ein Elternteil, ein Vormund oder ein Pfleger gehören. Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) bildet die Grundlage für die Bestimmung der Berechtigung und darf somit auch für einen Experten im Strafrecht nicht vernachlässigt werden.

Unterscheidung Kindesentziehung und Vorenthaltung
Kindesentziehung ist definiert als die Beeinträchtigung des Sorgerechts durch räumliche Trennung, wodurch das Recht für eine gewisse Dauer nicht mehr ausgeübt werden kann. Unterlassung, beispielsweise das Verschweigen des Aufenthaltsorts des Minderjährigen, stellt eine Form der Entziehung dar. Vorenthalten hingegen bedeutet das Verweigern oder Erschweren der Herausgabe des Minderjährigen.

Einwirkung durch Gewalt, Drohung und List
Die Einwirkung auf den Minderjährigen oder den Sorgeberechtigten kann durch Gewalt, Drohung oder List erfolgen. Unter Gewalt versteht man jegliche physische Einwirkung auf den Körper des Opfers, die dessen Willensbildung ausschließt oder es dem Willen des Täters unterwirft. Dies kann durch körperliche Übergriffe, Betäubung oder Fesselung erfolgen.
Drohungen mit einem empfindlichen Übel stellen eine weitere Handlungsvariante dar. Eine Drohung bedeutet dabei das Inaussichtstellen eines künftigen Nachteils, auf den der Drohende Einfluss zu haben vorgibt. List erfordert geschicktes Verbergen der wahren Absichten.

Spezifika von § 235 Abs. 1 Nr. 2 StGB
Die zweite Variante des § 235 Abs. 1 StGB bezieht sich auf Täter, die keine Angehörigen des Opfers sind. Hier geht es um die Entziehung oder Vorenthaltung eines Kindes, das das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Ein Täter gilt nicht als Angehöriger, wenn keine Verwandtschaft oder Verschwägerung mit dem Kind besteht, gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 1 StGB. Insgesamt verdeutlicht diese eingehende Betrachtung, wie vielschichtig und facettenreich der Tatbestand der Kindesentziehung nach § 235 StGB ist. Die genaue Analyse und Differenzierung der einzelnen Aspekte sind entscheidend für eine präzise rechtliche Beurteilung in konkreten Fällen.

§ 235 Abs. 2 StGB: Aktive und passive Kindesentführung ins Ausland
Im Kontext von Kindesentziehung gemäß § 235 Abs. 2 StGB liegt eine besondere Schärfe in der Unterscheidung zwischen "aktiver Entführung" (Nr. 1) und "passiver Entführung" (Nr. 2). Der Tatbestand sieht vor, dass sich der Täter strafbar macht, wenn er ein Kind dem Berechtigten entzieht, um es ins Ausland zu verbringen (aktive Entführung), oder es im Ausland vorenthält (passive Entführung). Es ist relevant zu betonen, dass in diesen Fällen der Täter jedermann sein kann, und das Opfer muss ein Kind sein, also eine Person, die das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Berechtigter gegenüber diesem Kind können die Eltern, ein Elternteil, ein Vormund oder ein Pfleger sein.

Strafschärfung nach § 235 Abs. 4 StGB: Schutz vor erheblichen Gefahren
Der Gesetzgeber sieht in § 235 Abs. 4 StGB eine erhebliche Strafschärfung vor, wenn der Täter durch die Tat das minderjährige Opfer in die Gefahr des Todes, einer schweren Gesundheitsschädigung oder einer erheblichen Schädigung der körperlichen bzw. seelischen Entwicklung bringt (Nr. 1). Ebenfalls wird eine Strafschärfung verhängt, wenn die Tat gegen Entgelt oder in der Absicht begangen wird, sich oder einen Dritten zu bereichern (Nr. 2). Hierbei muss die Gefahr nach Nummer eins konkret, also tatsächlich für das Opfer bestehen. Diese Strafschärfung unterstreicht die besondere Sensibilität des Gesetzgebers gegenüber Handlungen, die das Leben oder die Entwicklung des minderjährigen Opfers in erheblichem Maße gefährden. Die konkrete Gefahr für das Opfer steht im Mittelpunkt dieser Strafbestimmung und verlangt eine differenzierte Bewertung der Umstände im Einzelfall.

Erfolgsqualifikation nach § 235 Abs. 5 StGB: Strafschärfung bei Todesfolge
Gemäß § 238 Abs. 3 StGB erfolgt eine Strafschärfung von nicht unter drei Jahren, wenn der Täter durch die Tat nach § 235 Abs. 1 bzw. Abs. 2 StGB den Tod des Opfers verursacht. Hierbei muss der Tod wenigstens fahrlässig herbeigeführt worden sein, gemäß § 18 StGB. Die Erfolgsqualifikation nach § 235 Abs. 5 StGB verdeutlicht die besonders schwerwiegenden Konsequenzen einer Kindesentführung, insbesondere wenn sie zum Tod des minderjährigen Opfers führt. Die fahrlässige Herbeiführung des Todes wird als besonders strafwürdig erachtet und unterstreicht die Notwendigkeit, Kinder vor derart gravierenden Folgen zu schützen. Insgesamt verdeutlichen diese Regelungen die klare Haltung des Gesetzgebers gegenüber Handlungen, die das Leben und die Entwicklung von Kindern in Gefahr bringen. Es wird eine deutliche Abgrenzung zwischen unterschiedlichen Tatbeständen vorgenommen.

Versuch: Die Grenzen der Tatrealisierung
Der Versuch ist nur in bestimmten Fällen nach § 235 StGB strafbar. Dies gilt insbesondere für die Fälle des § 235 Abs. 1 Nr. 2 und des § 235 Abs. 2 Nr. 1 (vgl. § 235 Abs. 3 StGB) sowie in den Fällen des § 235 Abs. 4 bzw. Abs. 5 StGB.
Ein Versuch liegt vor, wenn der Täter nach seiner Vorstellung von der Tat unmittelbar ansetzt, um den Tatbestand zu verwirklichen (§ 22 StGB). Im Studium hört man hierzu immer, dass der Täter die Schwelle zum "Jetzt-geht’s-los" überschritten haben muss und unmittelbar eine Rechtsgutverletzung bevorsteht. Der Täter muss also bereits mit der Tathandlung, sei es die Entziehung oder die Vorenthaltung, begonnen haben. Gleichzeitig muss der Entschluss zur Tat vorhanden sein, was vorsätzliches Handeln impliziert. In der rechtlichen Bewertung werden Vorsatz und Versuch zu entscheidenden Elementen, um die Schuld des Täters angemessen zu erfassen. Es ist für einen Anwalt für Strafrecht von essenzieller Bedeutung, die Abgrenzung zwischen vorsätzlichem Handeln und fahrlässigem Verhalten zu verstehen, um eine gerechte und rechtskonforme Strafverfolgung zu gewährleisten. Als bundesweit tätiger Rechtsanwalt für Strafrecht ist mir aus unzähligen Verfahren bekannt, dass bei der Abgrenzung nicht selten Schwierigkeiten auftreten. Hier kommt es oftmals auch auf die innere Tatseite des Mandanten an.

Strafrechtliche Sanktionen bei Kindesentziehung: Maßnahmen und Milderungen
Die Entziehung Minderjähriger gemäß § 235 Abs. 1 bzw. Abs. 2 StGB zieht strafrechtliche Konsequenzen nach sich. Der Gesetzgeber sieht eine Bestrafung mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder einer Geldstrafe vor. In Fällen, die als weniger schwerwiegend eingestuft werden, gewährt § 238 Abs. 6 StGB eine Möglichkeit zur Strafmilderung, insbesondere im Zusammenhang mit den Erfolgsqualifikationen nach Absatz 4 und 5 des § 235 StGB. Diese Strafmilderung sieht vor, dass die Freiheitsstrafe im Fall des § 235 Abs. 4 StGB zwischen sechs Monaten und fünf Jahren liegen kann. Im Falle des § 235 Abs. 5 StGB beträgt die Freiheitsstrafe zwischen einem Jahr und bis zu zehn Jahren. Diese Strafmilderungen zeigen die Flexibilität des Gesetzgebers bei der Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls. Die Differenzierung zwischen verschiedenen Straftatbeständen sowie die Anpassung der Strafe an die Schwere der Schuld ermöglichen nach Auffassung des Gesetzgebers eine gerechtere und angemessenere Sanktionierung im Kontext von Kindesentziehung. Für mich als erfahrener Strafverteidiger in Hannover ist deutlich, dass der Gesetzgeber bestrebt ist, eine ausgewogene Balance zwischen Bestrafung und individuellen Umständen herzustellen.

Kindesentziehung: Spannungsverhältnis zwischen Elternschaft und Jugendamt
Nach einer Trennung kommt es nicht selten vor, dass die Idee der Kindesentziehung bei einem Mandanten als Elternteil aufkommt. Als Experte im Strafrecht für Strafrecht warne ich vor solch einer Entscheidung. Dennoch erlebt man immer wieder, dass ein solch drastische Schritt oft als Druckmittel genutzt wird, um Unterhaltszahlungen oder andere Vorteile zu erzwingen. Besonders dann, wenn das Gericht das Aufenthaltsbestimmungsrecht einem Elternteil zuspricht und der andere nicht einverstanden ist, kann die Versuchung zur Kindesentziehung steigen. Selbst beim gemeinsamen Sorgerecht, bei dem beide Elternteile das Aufenthaltsbestimmungsrecht teilen, können Konflikte entstehen. Auslandsaufenthalte, mit denen ein Elternteil nicht einverstanden ist, führen nicht nur zu Herausgabeansprüchen nach § 1632 BGB, sondern können auch strafrechtliche Konsequenzen nach § 235 Abs. 2 StGB nach sich ziehen.
Das Jugendamt als staatliches Wächteramt hat die Pflicht, das Kindeswohl zu sichern. Jedoch ist ein Kindesentzug durch das Jugendamt die letzte Möglichkeit und für Ausnahmefälle gedacht. Es ist wichtig zu betonen, dass Mitarbeiter des Jugendamts, wenn sie ein Kind unnötig in Obhut nehmen oder gegen gerichtliche Entscheidungen handeln, sich nach § 235 StGB strafbar machen können.
Im Blick auf das Strafmaß zeigt § 235 StGB, dass Kindesentziehung mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder einer Geldstrafe bestraft wird. Diese Regelung umfasst auch die aktive Kindesentführung (das Kind wird ins Ausland gebracht) und die passive Kindesentführung (das Kind befindet sich bereits im Ausland, wird aber nicht zurückgebracht). Insbesondere die Frage der Rückführung eines Kindes ins Ausland kann nach dortigem Recht strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

Fazit vom Strafverteidiger Hannover:
In Anbetracht der rechtlichen Komplexität und der individuellen Aspekte jedes Falls rate ich als Strafverteidiger bundesweit, sich bei Vorwürfen der Kindesentziehung rechtzeitig an einen erfahrenen Anwalt in Hannover zu wenden. Eine fundierte rechtliche Beratung kann dazu beitragen, die Situation zu klären und angemessen zu reagieren. Bei Fragen oder Unsicherheiten im Zusammenhang mit dem Vorwurf der Kindesentziehung stehe ich Ihnen als Experte für Strafrecht gerne zur Verfügung. Bedenken Sie stets, dass rechtzeitiges Handeln entscheidend ist, um mögliche rechtliche Konsequenzen zu minimieren.

Foto: AdobeStock - 493506378 - Beenis

bottom of page