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Konfliktverteidigung

Hier erfahren Sie alles Wesentliche und Notwendige über die Konfliktverteidigung.

Konfliktverteidigung

Konfliktverteidigung

Obwohl ein grundsätzlich klares Bild von der Rolle eines Strafverteidigers vorherrscht, wird in der Rechtswissenschaft kontrovers diskutiert, welche prozessuale Stellung dem Strafverteidiger wirklich zukommt. Während sich die einen auf § 1 der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) stützen und den Strafverteidiger als Organ der Rechtspflege hervorheben, verstehen die anderen den Strafverteidiger in erster Linie vor allem als Interessenvertreter des Mandanten, der als Garant seiner subjektiven Rechte abhängig von dessen Weisungen tätig wird.

Vergleicht man diese auf den ersten Blick vermeintlich gegensätzlichen Positionen miteinander, geht damit auch konsequenterweise die Überlegung einher, dass grundlegend unterschiedliche Verteidigungsansätze bestehen müssen. So müssen diejenigen, die auf die Stellung des Strafverteidigers als Organ der Rechtspflege appellieren, eine kämpferische Verteidigung stets zugunsten eines gütigen, kooperativen Verteidigungsstils zurückstellen, wohingegen diejenigen, die die wichtigste Aufgabe des Strafverteidigers der einseitigen Vertretung der Interessen des Mandanten zuschreiben, für ein umfassendes Ausschöpfen sämtlicher prozessualer Möglichkeiten einstehen müssen.

Was ist „Konfliktverteidigung“?

Wenn ein Strafverteidiger diese Aufgabe ernst nimmt, wird er schnell mit dem Vorwurf der sogenannten Konfliktverteidigung konfrontiert. Dieser Begriff wird häufig polemisch verwendet, um so ein zwar grundsätzlich zulässiges, aber von Gericht und Staatsanwaltschaft unerwünschtes Verhalten des Strafverteidigers zum Ausdruck zu bringen. Das hängt damit zusammen, dass ein Strafverteidiger, der die zur Verfügung stehenden strafprozessualen Möglichkeiten vollständig auszuschöpfen versucht, regelmäßig zu einer Verlängerung der Verfahrensdauer beiträgt. Daher wird ein solches Verteidigerverhalten als störend von den restlichen Prozessbeteiligten empfunden, was umso mehr gilt, wenn der Strafverteidiger besonders engagiert für die Rechte seines Mandanten schier unermüdlich kämpft.

Dabei ist die Konfliktverteidigung weit mehr als nur ein Begriff, um ein bestimmtes Verteidigerverhalten zu diskreditieren: Tatsächlich verbirgt sich dahinter eine Strafverteidigungsphilosophie, die im Kern auf eine erkennbare Konfliktbereitschaft mit dem Richter statt auf dem Versuch, den Richter zu überzeugen, aufbaut. Hier bewegt sich der Konfliktverteidiger regelmäßig zwischen unzulässiger und legitimer Form der Strafverteidigung, was erklärt, weshalb die Konfliktverteidigung häufig als bloßer Sammelbegriff für vermeintlich unzulässiges Verteidigungsverhalten verwendet wird.

Weil das deutsche Strafverfahren unter der Leitung des Vorsitzenden Richters im Wesentlichen vom kontradiktorischen Verhalten der Verfahrensbeteiligten bestimmt ist, steckt in jeder Strafverteidigung stückweit eine Konfliktverteidigung. Es entspricht schließlich den Rechten und Aufgaben des Strafverteidigers, die ordnungsgemäße Besetzung des Gerichts kritisch zu hinterfragen, einer möglichen Besorgnis der Befangenheit nachzugehen oder Beweisanträge zu stellen. Auf diese Weise sichert der Strafverteidiger gerade auf seine Weise die Funktionalität des Strafverfahrens, selbst wenn sich dadurch die Verfahrensdauer auch noch so verlängern mag.

Doch in fast allen Fällen steht bei der (zulässigen) Konfliktverteidigung die Frage im Raum, wann sie sich zulasten des Angeklagten strafverschärfend auswirken kann. Nach ständiger Rechtsprechung kann sich ein Verhalten nur dann strafschärfend auswirken, wenn es eindeutig die Grenzen angemessener Verteidigung überschreitet und gleichzeitig Rückschlüsse auf eine rechtsfeindliche Gesinnung zulässt, Hinweise auf die Gefährlichkeit des Angeklagten aufzeigt, eine unzulässige Herabwürdigung von Zeugen beinhaltet oder gar eine selbstständige Rechtsgutsverletzung enthält. Im Umkehrschluss folgt daraus aber auch, dass bei einer Konfliktverteidigung, die ihre formal zustehenden Verfahrensrechte auszunutzen weiß und dabei vermeidet, Zeugen direkt herabzuwürdigen bzw. eine weitere Rechtsgutsverletzung zu begehen, eine Verschärfung der Strafe des Angeklagten kaum gelingen wird.

Welche Alternative(n) gibt es?

Für einen Strafverteidiger liegt bei der Konfliktverteidigung oftmals ein schmaler Grat zwischen noch zulässigem Verteidigungshandeln und unzulässigem Missbrauch des Strafprozessrechts vor. Aus diesem Grund muss er präzise einschätzen können, wie sich sein konkretes konfrontatives Verhalten gegenüber dem Gericht auswirkt. Die Kehrseite der Medaille stellt dabei das Zuwiderhandeln gegen die eigenen Interessen des Mandanten dar.

Bleibt das Gericht von dem Konfliktverhalten des Strafverteidigers unbeeindruckt, so ist – wie bereits oben festgestellt– nicht ausgeschlossen, dass allein deshalb ein höheres Strafmaß festgesetzt wird. Das ist vor allem dann denkbar, wenn das Gericht dem Strafverteidiger ein Missbrauchsverhalten in Bezug auf die Verteidigerrechte unterstellt. Selbst für den Fall, dass ein Freispruch ausgeurteilt werden sollte, darf nicht außer Betracht gelassen werden, dass sich durch die Konfliktverteidigung die Verfahrensdauer für den Mandanten verlängert.

Für den Strafverteidiger bietet sich daher alternativ zur Konfliktverteidigung eine diplomatische Prozessführung an, welche darin besteht, in jeder Phase des Verfahrens die Option einer Verständigung in Bezug auf das Strafmaß mit dem Gericht unter Einbeziehung der Anklagebehörde offenzulassen. Das reicht bis hin zur sog. Kuschelverteidigung, die das komplette Gegenstück zur Konfliktverteidigung darstellt. Bei dieser Verteidigungsstrategie geht es anders als bei der Konfliktverteidigung gerade darum, nicht etwa die Autorität des Gerichts anzuzweifeln, sondern gerade anzuerkennen und den Verfahrensablauf nicht durch die Durchsetzung prozessualer Rechte des Mandanten in zeitlicher wie sachlicher Hinsicht zu „stören“.

Fazit

Versteht man diese beiden Ansichten als zwei Extrempositionen, so dürfte eine vermittelnde Betrachtung darin bestehen, dass der Strafverteidiger diese je nach prozessualer Lage zu einem möglichst weitgehenden Ausgleich zu bringen hat. In der Praxis wird der Strafverteidiger von vielfältigen, je nach Umständen des konkreten Falles rechtlichen, aber auch tatsächlichen Anforderungen konfrontiert. Im Ergebnis verbleibt es dabei, dass der Strafverteidiger vor allem auf ein für seinen Mandanten faires Verfahren zu achten und unter Umständen auch zu kämpfen hat. Denn der Strafverteidiger bildet in der Realität das alleinige Gegengewicht zu dem Gericht und der Staatsanwaltschaft.

Da aber die Grenzen zwischen dem einem Extrem der Konfliktverteidigung und dem der Kuschelverteidigung fließend verlaufen, muss ein erfolgreicher Strafverteidiger seine Verteidigung flexibel auf das konkrete Verfahren ausrichten und abschätzen, wann von strafprozessualen Möglichkeiten zugunsten des Mandanten Gebrauch zu machen ist. Somit setzt sich eine effiziente Verteidigung aus der gesamten Bandbreite von konfrontativer Härte und schonender Verständigungsbereitschaft zusammen. Erwähnung sollte dabei die Möglichkeit der in der Strafprozessordnung (StPO) geregelten Absprachen zwischen den Strafverfolgungsorganen und dem Beschuldigten finden, bei denen es regelmäßig um ein Geständnis des Angeklagten in der Hauptverhandlung für eine Erkennung auf eine mildere Strafe geht.

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